Kundenzufriedenheit messen ISO 9001

Was versteht man unter Kundenzufriedenheit?

Zufriedene Kunden sind das zentrale Ziel eines zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem. „Die Organisation muss die Wahrnehmungen des Kunden über den Erfüllungsgrad seiner Erfordernisse und Erwartungen überwachen.“ (vgl. ISO 9001:2015 – 9.1.2). Folglich ist zur Messung der Kundenzufriedenheit die Festlegung und Überwachung einer Kennzahl gefordert, die die prozentuale Erreichung des vorgegebenen Zielwertes darlegt.

Da die erzeugten Produkte und Dienstleistungen sehr vielfältig sind, ist der Erfüllungsgrad den Gegebenheiten entsprechend anzupassen. Dazu stehen zahlreiche Methoden zur Verfügung. Gemeinsame Kriterien, die letztlich zur Definition von Qualität führen sind:

  • Fehlerfreiheit,
  • Termintreue,
  • Mengentreue und
  • Service.

Die zur Verfügung stehenden Kriterien werden mittels Bewertungsschema und Gewichtung für die wesentlichen Kunden beurteilt. Das Aggregieren führt zu einer Kennzahl – dem Erfüllungsgrad für Kundenwahrnehmungen bzw. der Kundenzufriedenheitsquote.

In der Praxis werden häufig die möglichen Kriterien zur Ermittlung der Kundenwahrnehmung nicht erkannt. Und auch das Priorisieren und Verdichten zu einer Kennzahl erfolgt in vielen Fällen nicht.

Kundenzufriedenheit – Die zentrale Forderung im Qualitätsmanagement

Die Kundenzufriedenheit ist eine der zentralen Forderungen im Qualitätsmanagementsystem. So wird bereits im Kapitel „1 Anwendungsbereich“ von der Organisation gefordert,

  • „beständig Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen, die die Anforderungen der Kunden erfüllen“ sowie
  • „danach zu streben, die Kundenzufriedenheit durch wirksame Anwendungen des Systems zu erhöhen“ (Kontinuierliche Verbesserung).

Mit der Revision der ISO 9001 im Jahre 2015 wird der Begriff „Kundenzufriedenheit“ weiter gefasst. Es wird nunmehr vom Erfüllungsgrad der „Wahrnehmung des Kunden“ gesprochen, in dem die Anforderungen des Kunden erfüllt worden ist.

Dabei kann es sein, dass die Kundenerwartung der Organisation oder sogar dem Kunden selbst unbekannt ist, bis das Produkt geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird.

Da der Erfüllungsgrad die prozentuale Erreichung eines vorgegebenen Zielwertes ist, ist eine entsprechende Kennzahl zu definieren. Gemäß PDCA-Zyklus nach DEMING:

  • PLAN/ Planen,
  • DO/ Durchführen,
  • CHECK/ Prüfen,
  • ACT/ Handeln

ist der Sollwert festzulegen, der Istwert festzustellen und das Ergebnis zu bewerten. Wird der Zielwert nicht erreicht, sind verbessernde Maßnahmen einzuleiten. Die Wirksamkeit der Maßnahmen wird überwacht, so dass eine Annäherung an den Zielwert erfolgt.

Gute Praxis & Methoden zum Bewerten der Kundenzufriedenheit

Da die Produkte und Dienstleistungen von Organisationen sehr unterschiedlich sind, müssen die Methoden zum Einholen, Überwachen und Überprüfen der Kundenerwartung festgelegt werden. Das erfolgt in einer Prozessbeschreibung.

Die Methoden können sowohl interne als auch externe Leistungsindikatoren berücksichtigen. Dabei sind direkte Rückmeldungen des Kunden sicherlich stärker zu gewichten. Damit die Ergebnisse aussagekräftig sind, sollten Methoden bevorzugt werden, die auf objektiven Nachweisen basieren.

 

Kriterium

Direkte Kundenrückmeldung

Objektive Nachweise

Lieferantenbewertungen der Kunden,
Kundenbenachrichtigungen inkl. Lieferanteneinstufung

Ja

Ja

Reklamationen

Ja

Ja

Reklamationskosten

Nein

Ja

Kundengespräche

Ja

Nein

Referenzschreiben / Anerkennungen

Ja

Ja

Rückrufe / Rückrufaktionen

Ja

Ja

Kundenbefragungen

Ja

Ja

Lieferqualität (Fehlerfreie Produkte/Dienstleistungen)

Nein

Ja

Lieferqualität (Fehlerfreie Dokumente)

Nein

Ja

Lieferkette (Pünktliche Lieferungen)

Nein

Ja

Lieferkette (Pünktliche Dokumente)

Nein

Ja

Lieferkette (Ablaufstörung Beistellungen/Sonderfahrten)

Nein

Ja

Zertifizierung

Ja

Ja

Geschäftsbeziehungen (Rahmenvertrag)

Ja

Ja

Geschäftsbeziehungen (Qualitätssicherungsvereinbarung – QSV)

Ja

Ja

Geschäftsbeziehungen (Zahlungskriterien)

Nein

Ja

Um ein aussagekräftiges Ergebnis zu erhalten, sollte ein repräsentatives Kundenportfolio berücksichtigt werden. So können z.B. die wesentlichen Schlüsselkunden nach Umsatzstärke und/oder strategischen Kriterien festgelegt werden. Im Anschluss werden ausgewählte Methoden näher vorgestellt.

Lieferantenbewertung des Kunden

Im produzierenden Gewerbe kommt es vor, dass die Kunden Lieferantenbewertungen zur Verfügung stellen. Insbesondere wenn in die Automobilindustrie geliefert wird. Teilweise werden vorgegebene Verfahren z.B. nach VDA oder nach eigenen Bewertungsalgorithmen mit Gewichtung bzw. Priorisierung durchgeführt. Häufige Kriterien sind:

  • Fehlerfreiheit
  • Liefertreue
  • Mengentreue

In der Regel münden die Bewertungen in einen Erfüllungsgrad bzw. Zufriedenheitsquote auch gekoppelt mit einer Einstufung in A-/ B-/ oder C-Lieferant.

Reklamationen / Reklamationskosten

„Eine Reklamation ist der Ausdruck der Unzufriedenheit, die gegenüber einer Organisation in Bezug auf deren Produkt oder Dienstleistung … zum Ausdruck gebracht wird“ (vgl. ISO 9000, Kapitel 3.9.4). Reklamationskosten setzen sich zusammen aus den Kosten für:

  • Auswertung von Reklamationen selbst (z.B. Vorgangspauschale für die Abwicklung)
  • Sofortmaßnahmen (Warenwert für Ersatzlieferungen, Lohnkosten, Gutschriften aus Kulanz)
  • Abstellmaßnahmen für Reklamationen von Kunden (Aufwand für Analysen, Kommunikation, Schulungen, Materialkosten für Bauteile, Erstmuster, u.a.m.)

Werden die Reklamationskosten als Indikator für die Wahrnehmung des Kunden herangezogen, sollten diese ins Verhältnis zum Umsatz mit dem Kunden gesetzt werden, um Verhältnismäßigkeit zu erzielen.

Referenzschreiben / Anerkennungen

Referenzschreiben oder Anerkennungen werden häufig im Dienstleistungssektor ausgesprochen und sind Grundlage in sogenannten VgV-Verfahren (VgV: Vergabeverordnung) oder VOB-Verfahren (VOB: Vertragsordnung für Bauleistungen). Diese beziehen sich in der Regel auf zuvor durchgeführte Leistungen und bestätigen die Kompetenz des ausführenden oder beratenden Unternehmens.

Rückrufe / Rückrufaktionen

Rückrufe bzw. Rückrufaktionen sind Maßnahmen zur Rücknahme fehlerhafter Ware. Diese sind vor allem aus der Automobil- oder der Lebensmittelindustrie bekannt und werden dann durchgeführt, wenn ein deutlich erhöhtes Risiko für die Anwender oder Verbraucher besteht.

Kundenbefragung

Entweder tritt man bei der Kundenbefragung mittels Fragebogen (offline) oder Bewertungsportal (online) an ausgewählte Kunden heran, um deren Rückmeldung kennenzulernen. Typische Fragen sind:

  • Wie beurteilen Sie unsere Produkte/ Dienstleistungen?
  • Wie beurteilen Sie die Kompetenz unserer Mitarbeiter mit denen Sie zusammenarbeiten?
  • Falls Sie Beschwerden/Reklamationen hatten.
  • Wie zufrieden sind Sie mit der Reklamationsabwicklung?
  • Würden Sie uns Ihren Geschäftspartnern weiterempfehlen
  • Wo sehen Sie Stärken in unserer Zusammenarbeit?
  • Wo sehen Sie Verbesserungspotenziale in unserer Zusammenarbeit?

Wichtig ist es, auffällige Ergebnisse zu hinterfragen und gegebenenfalls Maßnahmen zur Verbesserung wirksam umzusetzen.

Lieferqualität

Die Lieferqualität ist keine direkte Kundenrückmeldung, sondern kann anhand interner Daten ermittelt werden, z.B. effektiv aus dem ERP-System. Verschiedene Kriterien beschreiben die Lieferqualität:

  • Fehlerfreie Lieferungen – Lieferungen ohne Fehler/Qualitätsmangel
  • Fehlerfreie Produkte/Teile – Produkte/Teile ohne Fehler/Qualitätsmangel
  • Fehlerfreie Begleitdokumente – Lieferschein, Prüfbescheinigung, u.a.m.
  • Fehlerfreie EMPB/PPAP – Erstmusterprüfberichte/ Production Part Approval Processes ohne Fehler/ Qualitätsmangel

Wie auch bei anderen Indikatoren zur Bewertung der Kundenzufriedenheit, sollte die Lieferqualität ins Verhältnis zu den Umsätzen mit dem Kunden gesetzt werden.

Lieferkette

Die Lieferkette (engl. Supply Chain) beschreibt den gesamten Prozess von der Bestellung des Kunden bis zur Lieferung und Bezahlung des Produkts oder der Dienstleistung. Sie umfasst somit die Planung, Durchführung und Überwachung aller Aktivitäten zum Material- und Informationsfluss mit dem Ziel der Termin- und Mengentreue (hohe Qualität).

Zertifizierung

Zertifizierung ist die Bestätigung für eine Organisation bzw. ein Unternehmen, dass sie/es vorgegebene Standards oder Richtlinien einhält. Die Zertifizierung wird von unabhängigen Zertifizierungsstellen aufgrund eines definierten Zertifizierungsprozesses ausgesprochen. In verschiedenen Branchen z.B. der Automobil- oder Lebensmittelindustrie werden verschiedene Zertifizierungsstandards vorausgesetzt.

Geschäftsbeziehungen

Ein weiterer – in der Regel begleitender Indikator für die Wahrnehmung des Kunden – können die Geschäftsbeziehungen mit dem Kunden sein. Diese stellen einen Rahmen für die vertrauensvolle Zusammenarbeit zur Verfügung und sorgen für einen partnerschaftlichen Umgang. Kriterien für Geschäftsbeziehungen können sein:

  • Abgestimmter Rahmenvertrag mit dem Kunden über Mengen, Preise & Abrufe
  • Abgestimmte Qualitätssicherungsvereinbarung (QSV) über Qualitätsmerkmale & Toleranzen
  • Einhaltung von Zahlungsfristen, Pünktlicher Zahlungseingang der Debitoren
  • Nutzung von Zahlungsvereinbarungen, z.B. Skonto
  • Bonität / Bonitätsindex – Fähigkeit bzw. Vertrauen offene Rechnungen auszugleichen

Prozesskette zur Bestimmung der Kundenzufriedenheit

Zur Bestimmung der Kundenzufriedenheit ist eine Prozesskette erforderlich, die vom Ermitteln der Kriterienfelder und Bewertungskriterien über das Kriterienprofil (SOLL) bis zur Bewertung der Kunden (IST) reicht (Abbildung 2).

Kundenzufriedenheit

Abbildung 2:   Prozesskette zur Analyse und Bewertung der Kundenzufriedenheit

Oberste Priorität des Qualitätsmanagementsystems ist die Steigerung der Kundenzufriedenheit. Die vorgestellten Methoden liefern Ansätze zur Verbesserung und können so zu zufriedenen Kunden und starker Kundenbindung führen.

Zyklus der Durchführung

Sinnvollerweise wird die Methode zur Bestimmung der Kundenzufriedenheit kontinuierlich durchgeführt: immer, wenn neue Informationen vorliegen, wird die Bewertung fortgeschrieben. Die Vorteile sind offensichtlich: Einerseits gelingt es so, die Änderungen Zufriedenheitswerten zu berücksichtigen und anzupassen. Andererseits können festgestellte „Abweichungen“ frühzeitig zur Verbesserung der Kundenbeziehung in Maßnahmen umgesetzt werden.